"Nie mehr Faschismus...": Andacht einmal anders

Rückblick auf unsere ökumenische Andacht in Hamburg am 25.02.24

Lesezeit: 5 Minuten

"Nie mehr Faschismus...": Andacht einmal anders

Die Andachten zum Auftakt der Globalen Klimastreiks von Fridays for Future sind mittlerweile für uns Hamburger Christians for Future zum liebgewonnenen Ritual geworden. Diesen Frühling verfolgen die Fridays for Future jedoch ein etwas anderes Konzept zum Klimaaktionstag: Gemeinsam mit der ver.di rufen sie unter dem Motto #WirFahrenZusammen zum Klimastreik auf, was dazu führt, dass am 1. März in Hamburg die Hochbahn bestreikt wird. Nähere Infos findet ihr zum Beispiel hier: www.wir-fahren-zusammen.de.

Aus diesem Grund hatten wir uns entschieden, unsere Andacht spontan auf einen anderen, genauso wichtigen Termin zu verlegen: Unter dem Motto #WirSindDieBrandmauer gingen am 25. Februar in Hamburg über 50.000 Menschen gegen Rechtsextremismus auf die Straße. Eine Dreiviertelstunde vorher trafen wir uns im Ernst-Cassirer-Park in der Nähe vom Dammtor und feierten mit über 30 Menschen eine Andacht zum Auftakt der Demo, zu der ebenfalls die Fridays for Future aufgerufen hatten.

“Nie mehr Faschismus, nie mehr Krieg” sangen wir gemeinsam zur Melodie des italienischen Partisanenliedes “Bella Ciao”.

“Diese Zeilen”, sagten Josi und Björn in einem kurzen Impuls zum Bibeltext Mt 25,31-40, “sind nicht nur eine Forderung, sondern auch eine Verheißung, sie sind Anspruch und Zuspruch zugleich - denn deine [ = Gottes] Kraft wirkt in uns, wenn wir unsere Hoffnung weitergeben.”

Wir wünschen uns, die Kraft, die wir aus dem gemeinsamen Gebet und unserem Zusammenkommen schöpfen, als Hoffnung in die Welt zu tragen und damit ein Gegengewicht zu setzen zu den Kräften in der Gesellschaft, die die Gräben zwischen den Menschen lieber tiefer ziehen wollen, als Brücken zu bauen.

Siamo tutti antifascisti! 🙌


Impuls: Nie mehr Faschismus, nie mehr Krieg!

Impuls zu Mt 25,31-40 – Antifaschistische Andacht am 25.02.2024

Gott, sieh uns an: Wir stehen hier, weil wir in deinem Namen „Nein“ sagen wollen zu dem Hass und der Spaltung, die unsere Zukunft und unser friedliches Zusammenleben bedrohen. “Nie mehr Faschismus, nie mehr Krieg!”. Eigentlich sollte mit diesen Worten alles gesagt sein. Doch es scheint, als sei die Gefahr, die von Rechtsextremistinnen und ihren Verbündeten in Politik und Wirtschaft ausgeht, derzeit realer denn je. Die falschen Prophetinnen versuchen, die Angst der Menschen auszunutzen und damit den gesellschaftlichen Fortschritt zu zerstören. Wenn die Welt aus den Fugen gerät, sich immer neue Krisen anbahnen und wir uns angesichts der Herausforderungen unserer Zeit klein und ohnmächtig fühlen, wünschen sich viele von uns einen Ausweg, eine Alternative zur derzeitigen Situation. Wir wissen jedoch, dass die alten Muster von Gewalt und gegenseitiger Abwertung, von Fremdenfeindlichkeit und Intoleranz nicht die Lösung sind, sondern unsere Probleme weiter verschärfen und dazu noch neue hervorbringen. Was also ist unsere Antwort auf den Hass und die Spaltung, wie können wir dafür sorgen, dass sich die Geschichte nicht wiederholt? Was ist die Alternative, die wir wirklich brauchen?

In der Lesung, die wir eben gehört haben, macht Jesus seinen Anhänger*innen deutlich, dass er keinen Unterschied sieht zwischen sich und denen, die gering geschätzt werden. Er verspricht Gottes neue Welt denjenigen, die die Hungernden speisen, den Dürstenden zu trinken geben, die Nackten bekleiden, Kranke und Gefangene besuchen und Fremde aufnehmen. Es ist eine Welt, in der Güte und Gerechtigkeit an erster Stelle stehen, unabhängig davon, ob sich die Gütigen und Gerechten einen Vorteil oder Nutzen davon versprechen. Jesus verdrängt die Mühseligen und Beladenen nicht an den Rand der Gesellschaft oder träumt davon, sie abzuschieben. Im Gegenteil, er stellt sie ins Zentrum seiner Botschaft - ja, er stellt sogar klar, dass er uns in diesen “Geringgeachteten” selbst begegnet! Indem wir unsere gesellschaftlichen Grenzen enger ziehen und die Menschen ausschließen, die unsere Solidarität am meisten verdienen, entfernen wir uns also von Jesus und der Welt, die er uns verheißen hat.

Vor diesem Hintergrund erscheint es perfide, dass gerade diejenigen, die vor dem Untergang des christlichen Abendlandes warnen, Jesu Botschaft mit Füßen treten. Die angeblich “christlichen Werte”, die es zu bewahren gilt, werden als Kampfbegriff genutzt, um menschenfeindliche Geisteshaltungen und Aussagen zu verpacken. Aber geht es dabei tatsächlich um christliche Inhalte? Wie würde Jesus dazu stehen, dass sein Name dafür benutzt wird, unsere gesellschaftliche Vielfalt zu bekämpfen und die Anerkennung der Menschenrechte für alle zu untergraben?

Was wir uns wünschen, ist eine Alternative zu den vermeintlich christlichen Werten der Rechten und ewig Gestrigen: ein Christentum, das lebendig ist und bunt und in dem für alle Menschen Platz ist. Gleichzeitig brauchen wir eine starke Demokratie, die die Grundlage schafft für ein gerechtes und friedliches Miteinander. Wir dürfen nicht vergessen, dass wir Verantwortung füreinander tragen, was auch bedeutet, dass wir unterschiedliche Bedürfnisse und Perspektiven anerkennen müssen. Gerade in der Klimapolitik ist das besonders wichtig und kommt gleichzeitig zu kurz, denn die, die am stärksten von der Klimakrise betroffen sind, werden am wenigsten in die Entscheidungsfindung einbezogen. Die Klimakrise müssen wir demokratisch bewältigen, denn wir bewohnen diesen Planeten alle gemeinsam. Gleichzeitig kann unsere Demokratie nur bestehen, wenn wir endlich vernünftigen Klimaschutz betreiben und nicht dazu gezwungen sind, um unsere natürlichen Lebensgrundlagen zu kämpfen.

Dietrich Bonhoeffer, der 1945 im Konzentrationslager Flossenbürg ermordet wurde, hat einmal gesagt:

“Es gibt Christen, die glauben an das Chaos und an die Katastrophe als den Sinn des gegenwärtigen Geschehens und entziehen sich in Resignation und frommer Weltflucht der Verantwortung. So soll es nicht bei uns sein. Mag sein, daß der Jüngste Tag morgen anbricht, dann wollen wir gerne die Arbeit für eine bessere Zukunft aus der Hand legen, vorher aber nicht.”

Diese Worte möchten wir euch allen mit auf den Weg geben, denn sie sollen uns daran erinnern, dass es stets Gründe gibt, weiter zu hoffen und weiter zu kämpfen. In einer Gemeinschaft von Menschen, die die gleichen Sorgen haben und die gleichen Träume träumen, hat Hoffnung viele Gesichter.

Gott, du hast uns gehört, als wir vorhin gesungen haben: “Nie mehr Faschismus, nie mehr Krieg!”. Diese Zeilen sind nicht nur eine Forderung, sondern auch eine Verheißung, sie sind Anspruch und Zuspruch zugleich - denn deine Kraft wirkt in uns, wenn wir unsere Hoffnung weitergeben und schon jetzt etwas von dem Glanz, den “der Mensch” bei seiner Wiederkunft verbreitet, in die Welt tragen. Amen.

Josi R. und Björn B.

erschienen: 04.03.2024
#noAfd #WirSindMehr #WirSindDieBrandmauer #Rückblick
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