Mahnwache Mariendom

Rückblick auf unsere Mahnwache am Mariendom am 1.10.2023

Lesezeit: 3 Minuten

Pappschild mit dem Spruch: »Der Schrei der Erde = Der Schrei der Armen (Laudatosi)«

Am Tag des Erntedank-Fests haben wir auf dem Platz vor dem Mariendom eine Mahnwache abgehalten und an der Messe teilgenommen. Wir hatten uns zuvor angekündigt und waren sehr bewegt davon, dass Pastor Karl Schultz unsere Anwesenheit genutzt hat, deutliche Worte zur Klimakrise zu sagen. Vielen Dank Pastor Schultz!

Predigt zum Erntedank-Gottesdient am 01.10.2023, „Kiezpastor“ Karl Schultz

Liebe Gemeinde, Schwestern und Brüder,

vielerorts wird der erste Sonntag im Oktober als Erntedank-Fest begangen – so auch heute (hier im Mariendom). Wir danken für die Früchte der Felder und für die menschliche Arbeit, für alles, für Brot und Kleidung, für Auskommen, für die vielen kleinen schönen Dinge. Und wir danken für all die vielen Dinge in unserem Leben, die wir nicht uns selbst zu verdanken haben, sondern zu einem Großteil ohne eigenes Zutun geschenkt bekommen.

„Ich habe die Faser nicht gesponnen, die Stoffe nicht gewebt, die ich am Leibe trage. Ich habe nicht die Schuhe, die Schritte nur gemacht. Ich habe nicht gelernt, zu schlachten, zu pflügen und zu säen, und bin doch nicht verhungert. Ich kann nicht Trauben keltern und trinke doch den Wein. Ich habe die Städte nicht entworfen, die Häuser nicht gebaut, und habe doch zu wohnen. Ich kann nicht Ziegel brennen und doch schützt mich das Dach. Wer mich ansieht, sieht viele andere nicht, die mich ernährt, gelehrt, gekleidet haben, die mich geliebt, gepflegt, gefördert haben. Mit jedem Schritt gehen viele Schritte mit. Mit jedem Dank gehen viele Gedanken mit.“

Erntedank-Fest: Wir danken Gott, er ist unser Schöpfer und Geber aller guten Gaben. Danken und denken, liebe Gemeinde, stammt in unserer Sprache aus ein und derselben Wurzel.

Wir haben als Geschöpfe nicht nur empfangen, wir haben auch einen Auftrag erhalten, nämlich die Bewahrung der Schöpfung. Als Ebenbilder Gottes sind wir nicht nur Beschenkte, sondern stehen auch in Verantwortung. Mit jedem Dank gehen viele Gedanken mit!

Ein Gedanke drängt sich da in den Vordergrund: Unsere Schöpfung ist bedroht. Statt sie zu bewahren, zerstört der Mensch die Schöpfung. Wasser wird verseucht, Gülle wird in den kleinen Bach gelassen und die Steinkrebse haben keine Chance mehr, zu überleben. Boden wird zugepflastert, Pflanzenarten reduzieren sich. Feuchtgebiete werden trockengelegt, Regenwälder mit oft noch unentdeckten Arten werden zerstört. Ich könnte diese Reihe von Umweltsünden fortsetzen. Eine unübersehbare Folge ist der Klimawandel, sind die extremen Wetterlagen: Dürresommer und Überschwemmungen.

Die heutige Ökonomie ist in ihrer dogmatischen Form eine Art Sozial-Darwinismus. Darwin hat sehr deutlich gemacht, dass Tüchtigkeit immer nur in der Generationsfolge und nie für eine einzelne Generation definiert ist. Wir aber verhalten uns so, dass es für die nach uns kommenden Generationen immer schwieriger, und eines Tages vielleicht sogar unmöglich wird, sich zu ernähren, überhaupt zu überleben. Unsere ganze Ökonomie ist nach dem Prinzip „Wachstum statt Nachhaltigkeit“ ausgerichtet. Aber wohin wollen wir noch wachsen und auf wessen Kosten?

Mit jedem Dank gehen viele Gedanken mit – eine ganze Generation steht auf, protestiert und nimmt uns als Gesellschaft in Verantwortung. (Die jungen Leute, die heute Morgen mit Plakaten vor dem Dom standen, verstehen gerade heute am Erntedank-Fest ihre Aktion als Mahnung und Denkanstoß, sie möchten mit uns als Gemeinde ins Gespräch kommen, sie erinnern uns an den Urauftrag der Menschheit, nämlich die Bewahrung der Schöpfung.)

Liebe Gemeinde, Gott ist der Schöpfer der Welt und der Geber aller guten Gaben. Und die Welt ist in Gott. Gott, der Schöpfer von Himmel und Erde, lebt in jedem seiner Geschöpfe und in ihrer Schöpfungsgemeinschaft, ja, Gott wohnt in seiner Schöpfung. Erntedank-Fest heißt vor allem, sich daran zu erinnern.

Gott segne die Erde, auf der ich jetzt stehe. Gott segne die Gedanken, die ich jetzt denke. Gott segne den Weg, auf dem ich jetzt gehe. Gott segne das Ziel, für das ich jetzt lebe. Segne, was mein Wille sucht, mein Leben braucht, worauf meine Hoffnung ruht.

AMEN.

erschienen: 03.10.2023 (zuletzt bearbeitet: 21.10.2023)
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