Licht sei Dank?

Offener Brief von Christians4Future Hamburg zur Aktion »Licht sei Dank« des Erzbischofs Dr. Stefan Heße.

Lesezeit: 3 Minuten

Pünktlich zum Sommeranfang lag im Briefkasten aller Gläubigen des Erzbistums Hamburg ein Brief des Erzbischofs, in dem dieser seine Freude über das Leben spendende Licht der Sonne zum Ausdruck bringt und die langen Sommertage als Geschenk Gottes preist: https://www.lichtseidank.de/

Erzbischof Heße fordert die Empfänger:innen des Briefs dazu auf, sich in den nächsten Wochen ab und zu etwas Zeit zu nehmen für ein Bad in der Sonne, um sich von ihr mit Licht und Wärme beschenken zu lassen – denn „Licht tut wohl“. Wer bei der Gelegenheit auch noch ein Foto schießt, kann dieses auf der eigens dafür eingerichteten Internetseite hochladen und bestaunen lassen. Dort ist bereits eine beachtliche Sammlung an Licht-Momenten zu finden. Nette Idee, oder?

Wir verstehen und würdigen das Vorhaben des Erzbischofs, den Gläubigen die Augen zu öffnen für die Schönheit der Schöpfung, die uns umgibt. Ein mit sämtlichen Sinnen zelebriertes Bad in der Sonne kann eine kleine Auszeit vom Stress des Alltags sein, vertreibt dunkle Gedanken und hilft unseren Körpern obendrein bei der Produktion von Vitamin D.

Bei all der guten Absicht vermissen wir jedoch ein Bewusstsein dafür, dass die Sonne nicht nur das Licht und die Wärme spendet, die uns und unseren Mitgeschöpfen gut tun. Im Gegenteil: Die Welt brennt. Mit großer Sorge beobachten Wissenschaftler:innen und Betroffene die zunehmenden Hitzewellen. Schon jetzt sterben überall auf der Erde, auch in Deutschland, vor allem Kranke, Alte und Kleinkinder den Hitzetod aufgrund der verharmlosend so genannten „Erderwärmung“.

17,23°C: Neuer Temperaturrekord der globalen Durchschnittstemperatur am 6.7.2023
17,23°C: Neuer Temperaturrekord der globalen Durchschnittstemperatur am 6.7.2023

Die katholische Kirche hat einen höheren Altersdurchschnitt als die Gesamtbevölkerung. Ihre Mitglieder sind damit auch deutlich stärker von hitzebedingten gesundheitlichen Beeinträchtigungen bis hin zum Tod bedroht als der Durchschnitt. In den Ohren dieser Menschen und ihrer Angehörigen hat der Brief des Bischofs vermutlich einen bitteren Nachgeschmack, wenn dort von der „angenehmen Wärme“ und dem „strahlenden Licht“ die Rede ist. „Licht tut wohl“? – ja, aber nur bis zu einem bestimmten Grad.

Jesus fordert uns auf, die Zeichen der Zeit zu deuten („Ihr sagt, es kommt schönes Wetter … Das Aussehen des Himmels könnt ihr beurteilen, die Zeichen der Zeiten aber könnt ihr nicht beurteilen?“ Mt. 16, 2+3) und beherzt zu handeln. Auch das Licht spielt bei ihm eine wichtige Rolle. Er ruft uns zu: „Ihr seid das Licht der Welt!“ (Mt. 5, 14). Aus diesen Worten wächst Verantwortung. Wir denken, dass ein Engagement für Klimaschutz und gegen die ungebremst fortschreitende Erderwärmung das Gebot der Stunde ist – auch und gerade für uns Christ:innen! Darum hoffen und beten wir seit langem, dass die Kirche und das Erzbistum Hamburg als Kirche vor Ort ihre prophetische Aufgabe im Angesicht der bislang größten Krise der Menschheit endlich konsequent und glaubwürdig wahrnimmt und selbst zu einem Licht der Hoffnung wird. Wer die Zeichen der Zeit weiterhin ignoriert, riskiert nicht nur, den eigenen Bedeutungsverlust noch weiter zu verstärken, sondern in diesem Fall auch das Schicksal der gesamten Schöpfung.

Wir fordern die Leitung des Erzbistums Hamburg aus diesem Grund dazu auf, sich klar und deutlich zur Dringlichkeit der Klimakrise zu äußern und ihre eigene Verantwortung anzuerkennen. Weil dies in unseren Augen selbstverständlich sein sollte, fordern wir zudem, dass die Kirche alle ihr zur Verfügung stehenden gesellschaftlichen, politischen und wirtschaftlichen Hebel in Gang setzt, um die weitere Zerstörung der Schöpfung aufzuhalten und die schädlichen Auswirkungen der Klimakrise zu begrenzen.

Christians for Future Hamburg

PS: Kirchen werden übrigens im Zusammenhang mit klimabedingtem Hitzestress von der Klimabewegung regelmäßig positiv erwähnt - als Orte, die oftmals eine angenehme Kühle haben und in die man sich in der erbarmungslosen Hitze des Sommers ein paar Minuten zurückziehen kann, um sich abzukühlen. Außerdem können Dächer der Kirchen und Gemeinden mit Photovoltaik-Anlagen bestückt werden und so einen wichtigen Beitrag zum Klimaschutz leisten.

erschienen: 06.07.2023 (zuletzt bearbeitet: 03.11.2023)
#ErzbistumHamburg
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